Forschung
„Medien“ ist ein sehr vielschichtiger Begriff – der meist etwas „Vermittelndes“ oder „eine Botschaft Tragendes“ bezeichnet, abgeleitet vom altgriechischen „meson“, was nicht nur „das Mittlere“, sondern auch „Öffentlichkeit“ und „Gemeinwohl“ meint und im Lateinischen übernommen wurde als „Mitte(-punkt)“, aber auch weiterhin als „Öffentlichkeit“, sowie zu „Vermittelndem“ wurde. Der Begriff findet in zahlreichen Kontexten Verwendung, von der Biologie bis zur Spiritualität.
Mit dem Begriff „Kultur“ sieht es allerdings ähnlich aus wie mit dem Medienbegriff; auch hier gibt es sehr weites Bedeutungsspektrum: Abgeleitet vom lateinischen „cultura“ umfasst er das Bedeutungsfeld „(be)wohnen“, das in Richtung Alltagswelt deutet,- das Feld „pflegen, schmücken, ausbilden“, das „Höherwertiges“ bezeichnet,- dann noch „verehren, anbeten, feiern“ mit Blick auf rituelle und religiöse Aspekte“,- sowie „Ackerbau betreiben“, was wir in Begriffen wie „Kulturpflanze“ oder „Bakterienkultur“ wiederfinden. Treffend nutzte eine SWR-Dokumentation (2021) den Hashtag #cultureiseverything. Wie jedes sehr umfassende Konzept ist „Kultur“ natürlich auch problematisch, schon alleine, weil die Definition selbst eine kulturelle Festlegung ist und sich natürlich auch die Frage stellt, wann man von Kultur im Singular und wann von Kulturen spricht bzw. wie diese voneinander und vom Gegenbegriff „Natur“ abgegrenzt werden können.
Medienkultur setzt sich also aus zwei kaum definierbaren Begriffen zusammen. Ferner kann es um durch Medien vermittelte Kultur gehen, um Kultur, die sich mit Medien auseinandersetzt oder um Medien entwickelt, oder um die Frage, wie Medien in einem bestimmten kulturellen Kontext geschaffen bzw. genutzt werden.
Mit einem Zentrum für Medienkultur haben wir uns also eine große Herausforderung vorgenommen. Unser Ziel ist es, sich der Kultur rund um Medien aus interdisziplinären Perspektiven zu nähern und die Zusammenarbeit verschiedener fachlicher Traditionen und von Akteuren aus Praxis, Kunst und Wissenschaft zu fördern. In unserer Arbeit sollen traditionell-wissenschaftliche und innovative bzw. künstlerische Ansätze gleichwertig Berücksichtigung finden.

Ein paar beispielhafte Interessensfelder sind:
Soziale Medien
- Der Körper in digitaler Zeit: Embodiment und Virtualität
- Repräsentation von kultureller/sozialer Identität in den sozialen Medien, z.B. Gender-Identität, ethnische Identität, Altersgruppe
- Umgang mit Stigmatisierung in den sozialen Medien, z.B. mit Blick auf #bodypositivity
Dispositif-Ansatz
- Veränderung der Alltagskultur durch Mediennutzung unabhängig vom jeweiligen Medieninhalt, z.B. durch digitale Fotografie oder künstliche Intelligenz
- Typische Dispositifs und Machtgefälle der Medienproduktion, z.B. bei medialen und/oder künstlerisch motivierten Inszenierungen
- Postkolonialismus, Cultural Appropriation and Re-Appropriation in Medien und Kunst
Wissenschaftskommunikation
- Überbrückung des Digital Divide: „neue“ Zielgruppen und Communities, wie z.B. Menschen mit Hör- oder Seheinschränkung, ältere Menschen, „bildungsferne“ Menschen, Menschen aus sog. Dritte-Welt-Ländern
- Einsatz von Technologien zum Selbstlernen und im Alltag
- Förderung von Technikakzeptanz
Trends
- Non-fungible Tokens als Chance und Risiko für den Kunstmarkt
- Körperkunst als Rückbesinnung auf das Nicht-Virtuelle
- Von unterschiedlichen kulturellen Kontexten inspirierte Ästhetiken, auch im Kontext von Cultural Appropriation
